Schule Goumoëns Bern
4. Preis im offenen Architekturwettbewerb
Bern, Schweiz, 2021
Ing. arch. Michal Gabaš,
Un-icon
Clair Ensange
SIMA / BREER Landschaftsarchitektur
Städtebau
Wir schlagen einen Bau vor, der die Qualitäten des Ortes respektiert, stärkt und weiterentwickelt. Der Neubau versucht mit seinem Fussabdruck, die bestehenden Volleyballfelder zu besetzen und somit den grösstmöglichen Baumbestand und Freiraum zu wahren. Das Schulhaus dreht sich so bewusst aus der städtebaulichen Grundordnung der das Gleisfeld flankierenden Büro- und Gewerbebauten.
Es löst sich aus dieser Orndung als eigenständiger Stadtbaustein und gibt sich als öffentliche Institution zu erkennen. Im Spannungsfeld zwischen Hangkante und Goumoensstrasse gelegen wird so der Bezug zum Quartier und Freiraum unterstrichen. Es wird eine grosszügige Pufferzone zu den Gleisanlagen geschaffen, die eine Orientierung aller Klassenräume mit Grünraumbezug erlaubt und so Distanz zum Gleisfeld aufbaut. Das den Neubau umgebende Freiraumband soll dem Auftrag, das Areal stärker mit seinem Umfeld zu verzahnen gerecht werden. Das Areal soll sich allseitig öffnen und keine neue Rückseiten zum Quartier hin ausbilden. Mit dem Neubau und seinen Aussenanlagen eröffnet sich der Bevölkerung ein noch grösserer, zusammenhängender Freiraum als bisher.
Freiraum
Durch einen sensibler Umgang mir den vorgefundene vegetative Elemente und der Topographie entsteht ein abwechslungsreicher Freiraum für die Schulnutzung und das Quartier. Der Steinhölzliwald wird bei er Gestaltung sowohl als Kulisse als auch Gestaltungselement in Form von Lichtungen mit einbezogen. Das Wegenetz, welches als Spielband fungiert legt sich sanft auf die bestehende Topografie. Der barrierefreie Weg wird von bestehenden und neuen Bäumen begleitet. So entstehen «Lichtungen» die mit unterschiedlichen Spielangeboten gestaltet werden oder als Pausenplatz dienen. Der flächige Einsatz von Hartbelägen nimmt, vom nord-westlichen Bereich in Richtung Steinhölzliwald, im stärker modellierten Bereiche, stetig ab. Das anfallende Regenwasser kann vor Ort versickern. Das gesamte Spielband wir mit einer raumbildenden, abwechslungsreichen Stauch-Staudenpflanzung und bildet ein Biotopverbund mit dem Steinhölzliwald. Die PW Parkierung wird an der Schwarzenburgstrasse angeordnet und durch eine Anpflanzung vom Quartierspark getrennt. Die Veloparkierung wir dezentral im Park aufgenommen.
Programm und Organisation
Die Organisation des Gebäudes ordnet sich ganz dem Gedanken an ein effizientes, kompaktes Gebäude unter, das mit einem minimalen Fussabdruck ein Maximum an Bestandsqualität zu erhalten versucht. Innerhalb des Gebäudes werden Sportbereich und Schulbereich, durch eine effiziente Kernpositionierung verbunden übereinander gestapelt. Wir machen uns den bestehenden
Topografieverlauf des Areals zunutze, der eine Dreiteilung vorgibt. Das Gebäude vermittelt durch seine Lage auf der mittleren Topografiestufe zwischen allen drei Niveaus. Der Hauptzugang zum Schulhaus kommt an der östlichsten Ecke auf dem untersten Niveau zu liegen, die mittig liegende Doppelsporthalle profitiert von einer zweiseitigen Belichtung auf dem zweiten Höhenniveau und auf dem obersten Niveau schliesst das Schulhaus mit seinem Hauptgeschoss (Beletage) direkt an die Gumere-Matte an. Über dem als konventioneller Massivbau erstellten Sockel erhebt sich die eigentliche Schule als viergeschossiger Holzskelettbau. Zweigeschossige Fachwerkträger überspannen die Sporthalle und charakterisieren die Beletage und das erste Obergeschoss. Das Erdgeschoss bietet die Möglichekti, sowohl Sportbereich als auch Schulnutzung separat zu erschliessen und nimmt darüber hinaus die Hauswartnutzungen und die vom Wohnquartier abgewandten Jugendräume auf. In den beiden Unterschossen werden die Garderoben und Sportnebennutzungen untergebracht. Zusammen mit dem schlankeren südlichen Nebenraumtrakt fassen diese die Doppelsporthalle ein. Die Beletage fungiert als eigentliches Herz der Schule. Mit ihrer Überhöhe nimmt sie wichtige Gemeinschaftsfunktionen wie den Mehrzwecksaal und die Freizeit- und Essräume auf. Die offene Orientierung zueinander führt zu einer Schaltbarkeit und potentiellen Nutzungsüberlagerung der Räume. An der Peripherie werden die Unterrichtsräume des Zyklus 1 und die Tagesschule positioniert. Erweitert wird diese Geschoss von einer drei Meter tiefen, umlaufenden Terrasse. In den warmen Monaten bietet sich so die Möglichkeit den Schulbetrieb allseitig über aussenliegende Treppen- und Rampenaufgänge mit dem Grünraum zu verknüpfen. Ein Aussenraumkranz als architektonische Handreichung an das Quartier. Die Regelgeschosse sind ähnlich aufgebaut und beruhen auf dem gleichen flexibel bespielbaren Grundraster. So können Räume entlang der Fassade flexibel genutzt, zusammengelegt oder abgetauscht werden. Die beiden massiven Kerne, die neben der Haupterschliessung auch die Sanitäranlagen und Haustechnikerschliessungen aufnehmen, fassen das durch zwei Lichthöfe strukturierte Zentrum. “Eine lebendige, zenitalbelichtete Mitte entsteht, die jedes Geschoss ähnlich und gleichzeitig eigenständig prögt.”
Fassade und Ausdruck
Das Schulhaus versucht seinem Ausdruck aus der Lektüre des Ortes abzuleiten. Den temporären, ephemeren Charakter der Bestandsnutzung versuchen wir in die Allegorie einer leichten Zeltkonstruktion zu übersetzen. Das Bild eines grossen Zelts als Ort der Zusammenkunft und der Gemeinschaft. Eine filigrane Schicht aus diagonal abgespannten Bris Soleils und Markisen transportiert diesen Ausdruck. Die wandelbare, atmende Raumschicht soll neben ihrer baukonstruktiven Funktion dem Gebäude den Ausdruck eines einladenden, offenen Hauses verleihen.
Struktur
Durch die kompakte Bauweise des Gebäudes wird ein effizientes Tragwerk verlangt. Daher wird das Gebäude als Hybridbau geplant. Dabei besteht das Gebäude vom Erdgeschoss bis zum Dach aus einer Holzskelettbauweise, die durch zwei Stahlbetonkerne, welche das Treppenhaus bilden, ausgesteift wird. Die Stahlbetonkerne bzw. die aussteifenden Wände sind so angeordnet, dass das Steifigkeitszentrum sowie das Massenzentrum übereinstimmen und damit ineffiziente Torsion vermieden werden kann. In der Mitte des Gebäudes, in der die Turnhalle im dritten Untergeschoss angeordnet wurde, kommen zweigeschossige Fachwerke zum Einsatz. Die Fachwerke tragen den vier geschossigen Holzbau über der Turnhalle. Um eine solide Lastableitung zu erzielen, wird das Stützenraster von den Obergeschossen mit den gleich angeordneten Fachwerknoten übernommen. Die Decken werden mit einem effizienten Hohlkasten konstruiert. Die Aussteifung der Decken wird über eine Platte auf dem Hohlkasten gewährleistet. Die Hohlkasten erfüllen nicht nur die tragenden und brandschutztechnischen Aspekte, sondern auch die Schallschutzanforderungen. Die vorwiegend im Erdreich liegenden drei Untergeschosse (1. bis 3.UG) sind als Massivbau geplant. Sämtliche erdberührten Bereiche der Tragkonstruktion, die Geschossdecken sowie die Kernbereiche werden als Betonkonstruktion ausgeführt und bilden so das Fundament für die aufgehende Holzkonstruktion. Der Achsraster der Tragstruktur im Bereich der oberirdischen Geschosse in Holzbauweise setzt sich auch in den Untergeschossen fort, wodurch ein optimales Gesamttragwerk erzielt werden kann. Durch den konsequenten Raster der Tragstruktur resultieren zudem im Verhältnis zu den Spannweiten relativ schlanke Betondecken. Die erdberührten Bauteile (Bodenplatte und Außenwände) sind als wasserdichte Betonkonstruktionen (WDB) mit 10-jähriger Systemgarantie vorgesehen. Dabei übernimmt der Beton die Funktion der Abdichtung (System „Weiße Wanne“). Basierend auf den Informationen aus dem Baugrundgutachten ist angedacht, das Gebäude mittels einer Flachfundation mit lokalen Fundamentverstärkungen zu fundieren. Die bis zu 10m tiefe Baugrube bedarf eines allseitigen Baugrubenabschlusses.
Im Sinne einer wirtschaftlichen Lösung bietet sich die Ausführung von Nagelwänden an. Dadurch kann einerseits das Aushubvolumen möglichst geringgehalten und zudem andererseits die der Baustelleninstallation zur Verfügung stehende Fläche in optimaler Art und Weise genutzt werden. Lokale Vertiefungen innerhalb der Baugrube (z.B. Liftunterfahrt, Fundamentverstärkungen) werden mittels freier Böschungen ausgeführt. Zur Trockenhaltung der Baugrubensohle ist eine offene Wasserhaltung mit Rigolen und Pumpensümpfen vorgesehen.
Haustechnik
Konzept- und Erschliessungsstrategien : Gemäss den Anforderungen aus der Ausschreibung und in Zusammenhang mit Minergie A, wurde ein erneuerbares und hocheffizientes Erzeugungs- und Versorgungskonzept HLKS GA konzipiert. Die Energieerzeugung ab Erdsonden, ist im Zusammenspiel mit der Photovoltaikanlage zu 100% autonom und erneuerbar. Entsprechend wird diese Anlagekonfiguration den Anforderungen an Minergie-A gerecht, wobei die Kühlung ohne Kältemaschine (reines Free-/Geocooling) ein Schlüsselelement darstellt. Mit minimalem Energiebedarf wird im Sommerhalbjahr maximaler Raumkomfort ermöglicht und zudem die Erdsondenanlage regeneriert und dadurch nachhaltig bewirtschaftet. Zudem sind infolge minimaler Betriebs- und Unterhaltskosten die Wirtschaftlichkeit über den gesamten Lebenszyklus gegeben bzw. interessant. Die Luftverteilung innerhalb der Stockwerke entlang der Korridore ermöglichen ein sehr flexibles, einfach abänderbares Raumdispositiv, ohne diese in den Betondecken (Primärsystem) einlegen zu müssen (Thema Nachhaltigkeit und Systemtrennung). Sämtliche Lüftungsanlagen sind mit einer hocheffizienten Wärmerückgewinnung ausgestaltet. Die Heizverteilung ist als Bodenheizung angedacht, welche im Sommer über eine Changeoverschaltung in den Freecooling Modus wechseln kann, und die Masse des Unterlagsboden wird aktiv thermisch bewirtschaftet. Diese Verteilung spielt Brüstungen frei und hat keinerlei Wartungsaufwand im Betrieb. Durch eine smarte Anordnung der Heiz-Kühlkreise kann die langfristige Flexibilität der Räume gewährleistet werden. Gemäss Minergie Formular sommerlicher Wärmeschutz für eine kritische Eck-Schulungsraum Situation Südwest (siehe Beilage), ist eine Zertifizierung nach Minergie-A Eco möglich. Dazu führen:
– Glasanteil in Zusammenhang mit thermischer Speichermasse und die gewählte Gebäudehülle
– Sonnenschutzglas, aussenliegender Sonnenschutz und Vordächer
– Aktivierung der vorhandenen Gebäudemasse durch die Fussbodenheiz-kühlkreise.
– Energieerzeugung ab Erdsonden mit Wärmepumpe aber ohne Kältemaschine (nur Freecooling)
– Stromerzeugung durch Vollbelegung Photovoltaik auf dem Dach und allenfalls an Südfassade.
– Effiziente Wärmerückgewinnung der Lüftungsanlagen
– Smartes Energiemanagement
Nachhaltigkeit und Ökologie
Nachhaltigkeit fängt nicht erst bei der Wahl der Konstruktion oder der technischen Ausstattung an. Sie setzt ein Grundverständis im Umgang mit dem Vorhandenen und einen angemessenen Umgang damit voraus. Die Wahl der Typologie und der Lage unterliegt daher nicht mehr nur städtebaulichen oder konzeptionellen Ansätzen, sondern bedarf eines ganzheitlichen Anspruchs, um dem Thema Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Mit dem Entschluss, den Neubau und seine Aussenanlagen auf bereits bestehende Bauten und Aussenanlagen zu positionieren, ergibt sich folgerichtig ein maximaler Erhalt bestehender Freiraumqualitäten. Wir ergänzen diese weiter mittels Baumpflanzungen. Das kompakte Gebäude vereint nicht nur alle Funktionen in einem Baukörper und kommt daher mit nur zwei Kernanlagen aus, es bietet auch ein optimales Verhältnis von Geschossfläche zu Fassadenabwicklung. Der konsequente Einsatz einer Holzkonstruktion, die Verwednung natürlicher Materialien im Innenraum (Lehmputze) unterstreichen den eingeschlagenen Weg. Die aussenliegenden feststehenden horizontalen Verschattungselemente und der maximale Einsatz von Photovoltaik auf den Flachdachbereichen ergänzen die Massnahmen ebenso wie ein angemessener Fensteranteil.